Vor hundert Jahren war es normal, wenn Mädchen im Alter von 16 Jahren zum ersten Mal ihre Regelblutung bekamen.1 Aber diese Zeiten sind lange vorbei. Insgesamt setzt die körperliche Entwicklung inzwischen früher ein, und zwar deutlich. Die erwähnte dänische Studie von 2018 zeigt, dass die ersten Veränderungen der Brust bei Mädchen durchschnittlich im Alter von zehneinhalb Jahren auftraten. Die Regelblutung setzte bei den meisten mit 13 Jahren ein. Die Forschenden verglichen diese Daten mit denen der Mütter. Die waren damals, also zum Zeitpunkt ihrer ersten Periode, gut 3,6 Monate älter als ihre Töchter heute.2
In Deutschland sieht es nicht anders aus. Eine Datenanalyse des Robert Koch-Instituts aus dem Jahr 2007 hat ergeben, dass es immer mehr Mädchen gibt, die sogar schon im Alter zwischen elf und zwölf Jahren zum ersten Mal ihre Tage haben.3 Diese Entwicklung bezieht sich übrigens meist ausschließlich auf die körperlichen Veränderungen, während die Entwicklung der psychischen Reife nicht grundsätzlich früher stattfindet.1
Der Zeitpunkt der Menarche wird durch verschiedene Punkte bestimmt. Neben den individuellen genetischen Voraussetzungen sind das beispielsweise die ethnische Zugehörigkeit, die geografische Heimat und die Ernährung. Ebenso spielt das Körpergewicht eine Rolle: Mädchen mit starkem Übergewicht kommen meist früher als der Durchschnitt in die Pubertät. Starkes Untergewicht kann hingegen zu einem späteren Einsetzen der sexuellen Reife sowie der ersten Regelblutung führen.1
Dies könnte unter anderem damit zusammenhängen, dass unser Fettgewebe bestimmte Botenstoffe bildet, die neben anderen Prozessen auch die Pubertätsentwicklung des Körpers beeinflussen. Daten des RKI verdeutlichen den Unterschied: Stark übergewichtige Mädchen waren im Mittel nur wenig älter als zwölf Jahre, als die Regelblutung zum ersten Mal einsetzte. Stark untergewichtige Mädchen warteten auf diesen Moment wesentlich länger, ihr mittleres Alter lag bei fast 15 Jahren.3,4
Auch emotionaler Stress kann sich auf den Zeitpunkt der Menarche auswirken. Mädchen aus sozial belasteten Familien kommen oftmals später in die Pubertät.1
Eine frühe Menarche ist nicht immer unproblematisch. Statistisch gesehen ist sie mit einem höheren Risiko für einige Erkrankungen verbunden. So legen Studien beispielsweise den Schluss nahe, dass Mädchen, die bei der ersten Regelblutung jünger sind als der Durchschnitt, ein erhöhtes Risiko haben, an Typ 2-Diabetes zu erkranken. Ebenso ist das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei einer frühen Menarche erhöht.5,6 Wer bei der ersten Regelblutung sehr jung war, sollte daher besonders gut auf seine Gesundheit achten. Das gilt auch für normalgewichtige Mädchen. Denn Übergewicht ist zwar gleichfalls ein Risikofaktor für Typ 2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, aber die erhöhte Wahrscheinlichkeit für diese Erkrankungen bei einer frühen Menarche kann unabhängig vom Gewicht sein.5
Nach der ersten Regelblutung dauert es bei Mädchen meist rund ein Jahr, bis sich ein regelmäßiger Zyklus einstellt. Allerdings können bereits junge Frauen an Zyklusstörungen wie beispielsweise einer Menorrhagie – einer verlängerten und zu starken Regelblutung – leiden. Für Betroffene kann dies mit einer starken Einschränkung der Lebensqualität verbunden sein.7 Daher sollten auch junge Frauen nicht zögern, Beschwerden rund um die Regelblutung vertrauensvoll mit ihrer Frauenärztin oder ihrem Frauenarzt zu besprechen und mögliche Ursachen für starke Blutungen abklären zu lassen.
1. pschyrembel.de. Pubertät. [Internet]. Berlin: Walter de Gruyter GmbH; c2023. [cited 2023 October 5]. Available from: www.pschyrembel.de/pubert%C3%A4t/K0J38/doc/
2. Brix N, Ernst A, Lauridsen LLB et al. Timing of puberty in boys and girls: A population-based study. Paediatr Perinat Epidemiol. 2019; 33: 70–78. doi.org/10.1111/ppe.12507 [cited 2023 October 5]. Available from: onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ppe.12507
3. rki.de. Sexuelle Reifung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland: Ergebnisse des Kinder- und Jugendgesundsheitssurveys (KiGGS). [Internet]. Berlin: Robert Koch-Institut; c2007 [cited 2023 October 5] Available from: https://edoc.rki.de/bitstream/handle/176904/423/293fQNZFAlEs.pdf;jsessionid=40E80CCC2CE4963227B1A50FF6FC6D56?sequence=1
4. Uniklinik-ulm.de. Wenn die Pubertät nicht einsetzt. [Internet] Ulm: Universitätsklinikum Ulm; c2013. [cited 2023 October 11]. Available from: www.uniklinik-ulm.de/aktuelles/detailansicht/wenn-die-pubertaet-nicht-einsetzt.html
5. Mueller NT, Duncan BB, Barreto SM et al. Earlier age at menarche is associated with higher diabetes risk and cardiometabolic disease risk factors in Brazilian adults: Brazilian Longitudinal Study of Adult Health (ELSA-Brasil). Cardiovasc Diabetol 13, 22 (2014). doi.org/10.1186/1475-2840-13-22. [cited 2023 October 11]. Available from: cardiab.biomedcentral.com/articles/10.1186/1475-2840-13-22
6. Gelbe-Liste.de. Geschlechtsspezifische Unterschiede bei kardiovaskulären Risikofaktoren. [Internet] Langen: Vidal MMI Germany GmbH; c2023. [cited 2023 October 5]. Available from: www.gelbe-liste.de/kardiologie/geschlechtsspezifische-unterschiede-kardiovaskulaere-risikofaktoren
7. Halimeh S. Jugendliche mit Menorrhagie: diagnostisches und therapeutisches Vorgehen. Korasion 2016; 31. Fachzeitschrift für Kinder- und Jugendgynäkologie – Mitteilungsblatt der AG Kinder- und Jugendgynäkologie e. V. [cited 2023 October 5]. Available from: www.kindergynaekologie.de/fileadmin/pdf/gyn_pdf_1_2016_korasion.pdf