„Das sind die Hormone“, heißt es häufig scherzhaft, wenn frau an gewissen Tagen des Monats leicht reizbar zu sein scheint. Und tatsächlich wirken sich die hormonellen Umstellungen vor der Periode bei vielen Frauen nicht nur auf den Körper, sondern auch auf das Gemüt aus. Doch bei einigen sind die Veränderungen in der Stimmungslage besonders abrupt und extrem: Betroffene Frauen sind zum Beispiel plötzlich depressiv oder verhalten sich, entgegen ihrem eigentlichen Naturell, ungewöhnlich impulsiv oder aggressiv. „In diesem Fall kann es sein, dass sie unter einer prämenstruellen dysphorischen Störung (PMDS) leiden“, sagt Dr. med. Rüdiger Söder, Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe im mic.ma.mainz.
Die PMDS gilt als eine Variante des weitaus bekannteren prämenstruellen Syndroms (PMS). Dieses begleitet rund ein Fünftel der Frauen durch ihre fruchtbaren Jahre und erinnert sie beispielsweise durch ein Spannungsgefühl in den Brüsten, durch Heißhunger oder Wassereinlagerungen daran, dass ihre Regelblutung kurz bevorsteht.
Auch bei einer PMDS können körperliche Beschwerden auftreten. Im Vordergrund stehen jedoch psychische Symptome – zum Beispiel Gefühle von Angst und Niedergeschlagenheit oder, wie erwähnt, ein schneller Wechsel der Grundstimmung, der durch vergleichsweise geringe Reize ausgelöst werden kann. „Die Frauen verhalten sich dann plötzlich ganz anders, als sie selbst oder Außenstehende es gewohnt sind“, sagt Dr. Söder.
Die PMDS kann bei Frauen jeden Alters auftreten. Die Beschwerden können sich ab der zweiten Woche vor der Periode zeigen und verschwinden wieder, sobald die Regelblutung einsetzt.
Der Übergang zwischen PMS und PMDS kann fließend sein, sodass es häufig auch für Ärzte nicht so leicht ist, die richtige Diagnose zu stellen. Ein wichtiger Anhaltspunkt: „Durch die extremen Stimmungen haben Frauen mit PMDS häufig das Gefühl, ihre Emotionen nicht unter Kontrolle zu haben“, erklärt Dr. Söder. Schnell kann es so zu Problemen im privaten oder beruflichen Umfeld kommen. „Der Leidensdruck der Frauen ist dadurch oft hoch. Manche befürchten sogar, unter einer psychischen Erkrankung zu leiden.“
In diesem Punkt jedoch gibt der Arzt Entwarnung: „In Studien konnte bereits nachgewiesen werden, dass es sich bei der PMDS um eine organische Erkrankung handelt, und nicht um eine psychosomatische Störung.“ Der Hintergrund: Die weiblichen Geschlechtshormone regulieren nicht nur den Eisprung und den monatlichen Auf- und Abbau der Gebärmutterschleimhaut. Sie haben beispielsweise auch eine Wirkung auf das Neurotransmittersystem, das für die Signalweiterleitung im Gehirn zuständig ist – und beeinflussen somit auch unsere Stimmung.
Versuche zeigten, dass die von PMDS betroffenen Frauen sensibler auf die zyklusbedingten hormonellen Signale reagieren als andere Frauen. Warum das so ist, muss noch genauer erforscht werden. Allerdings: Da PMDS familiär gehäuft auftritt, liegt der Schluss nahe, dass eine Neigung vererbt wird. „Allerdings können auch äußere Faktoren, zum Beispiel Stress, das Auftreten einer PMDS begünstigen“, sagt Dr. Söder.
Wie kann den Frauen geholfen werden? Bei einem Verdacht auf PMDS ist es zunächst sinnvoll, wenn die Patientin über zwei bis drei Monate hinweg ein Zyklustagebuch führt und darin auch ihre jeweilige emotionale Verfassung festhält. „Wenn sich dann zeigt, dass die extremen Stimmungslagen immer an den Tagen vor der Periode auftreten, ist dies häufig eine Erleichterung für die Frauen. Denn so lässt sich klar nachvollziehen, dass die teils unerwünschten Gefühle auf ein Auf und Ab der Hormone zurückzuführen sind.“
Wichtig ist dann vor allem eines: Dass Frauen, die unter den beschriebenen Symptomen leiden, diese bei ihrem Frauenarzt oder Hausarzt offen ansprechen. „Bei Bedarf kann die Patientin dann an einen Kollegen weitervermittelt werden, der sich auf die Therapie der PMDS spezialisiert hat.“
In leichteren Fällen kann Betroffenen eine Kombination aus Entspannungstechniken, sportlicher Aktivität oder eine Umstellung der Ernährung helfen. Zudem kommt eine hormonelle Therapie infrage, beispielsweise durch die Einnahme einer Pille mit einer bestimmten Wirkstoffkombination. „In schwereren Fällen kann die Einnahme von Medikamenten Sinn machen, die auch bei der Therapie von Depressionen eingesetzt werden“, sagt Dr. Söder. Viele Patientinnen mit PMDS sprechen bereits in geringer Dosis sehr gut auf die Therapie an.
Der Experte:
Dr. med. Rüdiger Söder ist Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe im mic.ma.mainz.