Hinsichtlich ihres Menstruationszyklus stellen sich nicht nur Mädchen und Frauen viele Fragen. Auch für Forschende aus aller Welt sind die körperlichen und seelischen Prozesse rund um den Eisprung und die Periode faszinierende Themen. Einige dieser klugen Köpfe haben im Zuge ihrer Untersuchungen überraschende Erkenntnisse zutage gefördert. Lesen Sie selbst!
Studien widmeten sich beispielsweise den stimmlichen Veränderungen während des weiblichen Zyklus. Erste Analysen deuteten darauf hin, dass Frauen an ihren fruchtbaren Tagen mit besonders hoher Stimme sprechen1 – und sie dies für Männer attraktiver mache.2 Eine Untersuchung aus dem Jahr 2011 ergab jedoch, dass die Tonlage sowohl direkt vor als auch nach dem Eisprung ansteigt. Außerdem ließ sich nicht eindeutig belegen, dass Männer von Stimmproben aus der fruchtbaren Zeit besonders angetan waren.3
Interessante Resultate erbrachten auch Recherchen während der Menstruation: Manche Operndiva wird vermutlich ein Lied davon singen können, dass ihre Stimme in dieser Zeit etwas rauer und unregelmäßiger klingt. Möglicherweise, so die Forschenden, beruhe die leichte Heiserkeit auf vermehrten Wassereinlagerungen der Stimmlippen im Kehlkopf.3,4 Auch eine Studie von 2017 wies feine stimmliche Variationen während des Menstruationszyklus nach. Dafür könnten hormonelle Schwankungen verantwortlich sein.5
Die Frage, ob Frauen in der Zyklusmitte anders aussehen als sonst, treibt Gelehrte ebenfalls um. Schließlich weisen unsere behaarten Verwandten aus dem Dschungel, beispielweise Schimpansen- oder Bonobo-Weibchen, unter anderem mit auffällig gefärbten Schwellungen im Genitalbereich auf eine vermeintlich hohe Empfängnisfähigkeit hin.6 Wir Menschen sind da natürlich diskreter. Die Wissenschaft konnte jedoch zeigen: Fotos des Gesichts von Frauen in den fruchtbaren Tagen wirken attraktiver als solche aus der Phase nach dem Eisprung. Dies empfanden männliche wie weibliche Betrachter so.7 Was genau die Anziehungskraft erhöht, bleibt bisher allerdings unklar. Bereits kurze Zeit vor dem Eisprung kommt es zwar zu einer zunehmenden Gesichtsrötung. Diese ist jedoch nur mit Geräten messbar, unsere Augen können sie nicht wahrnehmen.8
Möglicherweise setzen Frauen außerdem unbewusst modische Signale: Laut einer kanadischen Studie ist es bei hoher Empfängnisbereitschaft mehr als dreimal so wahrscheinlich wie an unfruchtbaren Tagen, dass sie ein rotes oder pinkfarbenes Shirt tragen.9 Und Analysen aus den USA zufolge wird nah am Eisprung verstärkt auf Maßnahmen wie schicke Kleidung und das Zeigen von etwas mehr Haut gesetzt, um die eigene Attraktivität zu erhöhen.10
Im Rahmen einer weiteren US-amerikanischen Studie flirteten Frauen an den fruchtbaren Tagen vermehrt mit Männern des Typs „sexy Schuft“. Also mit solchen, die charismatisch und selbstbewusst, aber nicht besonders bindungswillig auftraten. Zuverlässig und familienorientiert wirkende Männer vom Typ „guter Vater“ kamen nicht in den Genuss dieser Form von weiblicher Zuwendung.11 Erstaunlich, finden Sie nicht?
Ein impulsiveres Verhalten als sonst im Zyklus identifizierten englische Psychologen bei Frauen zwischen dem Eisprung und dem Einsetzen der Regelblutung, das heißt in der sogenannten Luteal- oder Gelbkörperphase. Die Ergebnisse ihrer Befragungen legten für diesen Zeitraum unter anderem eine Neigung zu überhöhten Geldausgaben und späterer Reue über die Käufe nahe.12
Sparpotential bietet die Gelbkörperphase einigen Frauen möglicherweise dennoch: Gemäß mancher Untersuchung lässt sich ein Rauchstopp dann erfolgreicher starten als in der Follikelphase (= zwischen dem Eintritt der Menstruation und dem Eisprung).13,14 Dieser Zusammenhang ist bisher allerdings noch recht unzureichend belegt. Die Lücke könnte eine derzeit noch laufende, groß angelegte Studie zumindest zum Teil schließen: Ihr Ziel ist es herauszufinden, ob Frauen ein per Nikotin-Ersatztherapie und Verhaltenstipps unterstützter Zigarettenverzicht besser gelingt, wenn er in einem bestimmten Abschnitt des Zyklus beginnt.15
Leiden Sie unter Asthma? Dann haben Sie vielleicht bemerkt, dass sich Symptome vorzugsweise in bestimmten Phasen des Zyklus verstärkt bemerkbar machen. Diesen Aspekt überprüften etliche Studien.16-19 Rund 20 – 40 Prozent der Frauen vor der Menopause sollen beispielsweise an sogenanntem Prä- oder Perimenstruellem Asthma (PMA) leiden.18,20 Bei ihnen kommt es in der Woche vor der Menstruation infolge vermehrter Entzündungen in der Lunge zu Verschlimmerungen der Krankheit.20
Unabhängig davon gehen Fachleute davon aus, dass bei circa 20 bis 50 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter21 körperliche und/oder psychische Symptome eines Prämenstruellen Syndroms (PMS) auftreten: An den „Tagen vor den Tagen“ plagen dann Beschwerden wie Stimmungsschwankungen, Unterleibsschmerzen, Kopfweh oder das Gefühl irgendwie „aufgeschwemmt“ zu sein.21,22 PMS kann zudem andere Erkrankungen, wie etwa Haut- oder Atemwegsleiden, Migräne, Schlafstörungen oder Missstimmungen, verschlimmern.21 Wer häufiger unter entsprechenden Beschwerden leidet, lässt sich am besten bei der Frauenärztin oder dem Frauenarzt beraten. Es gibt, abhängig von den Symptomen, etliche Therapiemöglichkeiten für Beschwerden vor oder auch während der Periode.22
Manche Frauen berichten beispielsweise, dass Orgasmen zur Linderung ihrer Regelschmerzen beitragen. Dies könnte mit einer verbesserten Durchblutung der Genitalien und/oder dem Anfluten stimmungsaufhellender und schmerzstillender Hormone zusammenhängen. Dazu existieren zwar nur wenige wissenschaftliche Checks. Ein Versuch kann sich jedoch lohnen, egal ob Sie sich dieses Vergnügen gemeinsam mit dem Partner verschaffen oder allein.23 Eine Studie, die im Auftrag zweier Firmen durchgeführt wurde, ergab beispielsweise, dass Selbstbefriedigung als natürlicher Schmerzkiller beachtliche Effekte erzielen kann.24
Gehen starke Menstruationsschmerzen anhaltend mit übermäßigen Blutungen einher, sollten Sie auf jeden Fall ärztlichen Rat suchen. Zu lange und zu starke Blutungen (Menorrhagien) können bei Frauen, die mit der Familienplanung abgeschlossen haben, eventuell mit der NovaSure-Methode behandelt werden.
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3. Fischer J, Semple S, Fickenscher G et al. Do women's voices provide cues of the likelihood of ovulation? The importance of sampling regime. PLoS One. 2011;6(9):e24490. Epub 2011 Sep 21 [cited 2023 Jan 8]. Available from: journals.plos.org/plosone/article
4. Pyritz L. Andere Töne beim Eisprung. Süddeutsche Zeitung, 2011 Sep 22[ cited 2023 Jan 8]. Available from: www.sueddeutsche.de/wissen/stimmeund-stimmung-andere-toene-beim-eisprung-1.1147262
5. Pavela Banai I. Voice in different phases of menstrual cycle among naturally cycling women and users of hormonal contraceptives. PLoS One. 2017 Aug 22;12(8):e0183462. Epub 2017 Aug 22 [cited 2023 Jan 8]. Available from: https:// www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5568722/pdf/pone.0183462.pdf
6. Max-Plank-Gesellschaft. Weibliche Bonobos senden Männchen gemischte Signale. Epub 2016 Jun 30 [cited 2023 Jan 8]. Available from: www.mpg.de/10621021/bonobo-weibchen-schwellung
7. Roberts SC, Havlicek J, Flegr J et al. Female facial attractiveness increases during the fertile phase of the menstrual cycle. Proc Biol Sci. 2004;271(Suppl 5): S270-2 [cited 2023 Jan 8]. Available from: royalsocietypublishing.org/doi/epdf/10.1098/rsbl.2004.0174
8. Burriss RP, Troscianko J, Lovell GP et al. Changes in Women's Facial Skin Color over the Ovulatory Cycle are Not Detectable by the Human Visual System. PLoS One. 2015;10(7): e0130093. Epub 2015 Jul 8 [cited 2023 Jan 8]. Available from: https:// www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4489916/pdf/pone.0130093.pdf
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10. Haselton MG, Mortezaie M, Pillsworth EG, et al. Ovulatory shifts in human female ornamentation: near ovulation, women dress to impress. Horm Behav. 2007;51(1):40-5. Epub 2006 Oct 12 [cited 2023 Jan 8]. Available from: www.researchgate.net/publication/6749628_Ovulatory_shifts_in_human_female_ornamentation_Near_ovulation_women_dress_to_impress
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